Elena Klauser hat eine atemberaubende berufliche Laufbahn hingelegt. Erst im Jahr 2001 aus Russland gekommen ohne ein Wort Deutsch zu beherrschen, ist sie heute Dozentin für Pflegeberufe am Institut für Soziale Berufe (IfSB) in Bad Wurzach. Ihre früheren Lehrerinnen und Lehrer sind jetzt ihre Kolleginnen und Kollegen.
Neugierde an Pflege
Kein Wort Deutsch habe sie gesprochen, als sie nach Deutschland kam, erzählt die 52-jährige Elena Klauser. Zunächst wohnte die gebürtige Ukrainerin mit ihrem Mann übergangsweise in einem Container in der Bleiche in Bad Waldsee. In die oberschwäbische Stadt habe sie sich auf Anhieb verliebt. Da ihre Ausbildung hierzulande nicht anerkannt wurde, arbeitete sie zunächst als Reinigungskraft in einer Pflegeeinrichtung der St. Elisabeth-Stiftung. Aus Russland kannte sie solche Einrichtungen nicht. Man kann sich die lebhafte Frau mit dem offenen Lachen bildhaft vorstellen, wie sie aus den Augenwinkeln neugierig die Arbeit der Pflegekräfte verfolgte. Sie war davon angetan. „Ich habe mich in die Altenpflege verliebt,“ erzählt sie.
Ausbildung als berufliche Grundlage
In der Folge startete sie die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin. Die schulische Ausbildung machte sie am IfSB in Bad Wurzach. Im Unterricht habe sie mangels Sprachkenntnissen noch nicht alles verstanden. Sie hebt den respektvollen Umgang und die unterstützende und empathische Art an der Schule hervor. „Ich treffe immer auf tolle Menschen im IfSB,“ freut sie sich. Auch dass auf ihre familiäre Situation mit damals zwei kleinen Kindern Rücksicht genommen wurde, rechnet sie hoch an. „Es war eine besondere Schule.“
Weiterbildung weckt Interesse für mehr
Nach der Ausbildung sammelte sie einige Jahre Berufserfahrung in der Altenpflege und später am ZfP in Weissenau, wo sie nebenberuflich die Ausbildung in Gerontopsychiatrie absolvierte. 2012 folgte der Bachelor in Pflegepädagogik. Seit 2011 arbeitet sie am IfSB, seit 2015 als Dozentin. Zu Beginn am Standort Ravensburg, nach anderthalb Jahren wechselte sie nach Bad Wurzach. Als Klassenlehrerin begleitet sie Auszubildende der Pflege. Außerdem koordiniert sie die Weiterbildung und die Fortbildung für Betreuungskräfte. Die Weiterbildung nennt sie einen kleinen Kurs mit großer Bedeutung. Jede und jeder – unabhängig vom Vorwissen – könne den Lehrgang mit 160 Stunden absolvieren. Und das nehmen tatsächlich etliche wahr. Derzeit sind Teilnehmende zwischen 30 und 72 Jahre alt. Motivation bei den Älteren sei zum Beispiel der Wunsch nach einer sinnvollen Tätigkeit, teilweise auch, um damit die eigene Rente aufzubessern. Manche Teilnehmenden, die noch im Erwerbsalter stehen, werden gar zu Quereinsteigern und absolvieren im Anschluss eine Pflegeausbildung.
Selbstpflege lernen
Ein fachlicher Schwerpunkt ist für Elena Klauser das Thema Demenz. Menschen mit Demenz zu begleiten, sieht sie als die schwierigste Aufgabe in unserer Gesellschaft. Während sie spricht und ihre Lehrtätig schildert, macht sie wie automatisch Bewegungen und Figuren mit ihren Händen und Fingern, um zu zeigen, wie die Koordination im Alter und bei Erkrankung gefördert werden kann. Nicht zu vernachlässigen ist die Gesundheit der Pflegenden, die einen besonderen Stellenwert in der Ausbildung einnimmt. Eine hohe Anforderung stelle das hohe Arbeitspensum an die Auszubildenden in der Pflege, ebenso die Schichtdienste, die nicht selten unvorhergesehen sind. Daher geht es im Unterricht unter anderem um die Selbstpflege sowie um die Frage wie man selbst im Job gesund bleibt. Auszubildende lernen, dass sie durchaus „Nein“ sagen dürfen, sowie Inhalte zu Themen wie gesunde Ernährung und Bewegung. Aber auch um Kinästhetik, die das ressourcenorientierte Arbeiten im Fokus hat und mit der man lernt, wie man etwa rückenschonend Personen positioniert. Außerdem sei später etwa als führende Kraft auch das Delegieren im Berufsalltag eine wichtige Fähigkeit, die man lernen kann.
Von großer Bedeutung: die eigene Gesundheit
Pro Schuljahr gibt es zwei extra Tage, in denen sich die Klassen eigens dem Thema Gesundheit widmen. Das kann durchaus ein gemeinsamer Hüttenaufenthalt sein, bei dem man zusammen lecker kocht, spielt, spazieren geht, redet, sich kulturell etwas gönnt. Die Erfahrung mit ihrem aktuellen Kurs war für Elena Klauser überwältigend. Die Klasse bestehend aus unzähligen Nationalitäten und einer großen Altersspanne von 16 bis 50 Jahren wuchs während ihres Aufenthalts auf einer Hütte zusammen. Es bildete sich eine Gemeinschaft, was die Teilnehmenden im Nachgang positiv reflektiert hätten.
Großes Wissen, gute Chancen
Wie würde sie junge Menschen motivieren, sich beruflich der Pflege zuzuwenden? Wenn Elena Klauser von der Pflege von Menschen spricht, strahlen ihre Augen um die Wette. „Pflege ist etwas Besonderes,“ sagt sie. „Wir – die Pflegekräfte – sind bedeutend, weil wir die Menschen ‚tragen‘.“ Auch die Bezahlung sei gut. Aber ein besonders bestechendes Argument ist, dass man sich beruflich sehr gut weiterentwickeln kann. „Pflegekräfte haben ein unglaubliches Wissen.“ Spezialisieren könne man sich im sozialen oder medizinischen Bereich, aber auch im Management oder in Sachen Digitalisierung. Von der Politik wünscht sie unter anderem mehr Beistand und einen besseren Personalschlüssel. Außerdem fordert sie mehr Wertschätzung gegenüber den Pflegekräften, die sich nicht mit Klatschen erschöpfen sollte. Ein Wert, der am IfSB zur Grundhaltung gehört, wie Elena Klauser von Anfang an erfahren hat und weshalb sie sich auch ins IfSB verliebt hat.
Anne Oschwald