Gesundheitsbelastungen im Beruf: nein, danke!

Die Arbeit in Sozial- sowie Gesundheitsfachberufen ist für viele erfüllend und sinnstiftend, geht aber nicht selten mit gesundheitlichen Belastungen einher. Das hat unter anderem zur Folge, dass sich etwa 35 Prozent der in der Pflege Tätigen mehrmals im Jahr überlegen, den Beruf aufzugeben (DBfK 2019).

Drei Ebenen der Belastung

Die Belastungsfaktoren und -situationen lassen sich in drei große Bereiche unterscheiden: Makro-, Meso- und Mikroebene (vgl. Höhmann et al. 2016: 74-75). Belastungen auf der Makroebene lassen sich der soziokulturellen, politischen und gesellschaftlichen Ebene zuordnen. Hier spielen etwa das subjektiv wahrgenommene Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Belohnungen eine Rolle, aber auch eine zunehmende Bürokratisierung und Ökonomisierung.

Organisation hat Einfluss auf Zufriedenheit

Belastungen auf der Mesoebene beinhalten zum einen die organisationsbezogene Ebene. Hierbei wirken sich zum Beispiel Führungsstil und -qualität auf die Arbeitszufriedenheit aus. Mangelhafte Arbeitsorganisation etwa mit unklaren Zuständigkeiten und mangelhaften Kommunikationskanälen oder unproduktiven Prozessen können zum Gesundheitsrisiko werden. Auf der anderen, der materiell-technischen Seite, zählt unter anderem eine unzureichende Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu den negativen Faktoren.

Zwischenmenschliche Ebene und belastende Emotionen

Belastungen auf der Mikroebene teilen sich ebenfalls in zwei Ebenen. Auf der interpersonalen stehen zwischenmenschliche Herausforderungen wie Konflikte und Mobbing im Vordergrund. Bei der personal-soziopsychischen Ebene geht es um den Umgang mit belastenden Gefühlen und Emotionen, Stress, Burn-out, Cool-out, Gewalt und sexuelle Belästigungen.

Bewältigung beruflicher Belastungen ist möglich

Bei allen Schwierigkeiten im Arbeitsalltag ist es möglich, nicht zu kapitulieren. Beide, sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, können nämlich unterschiedliche gesundheitsförderliche, präventive und reaktive Maßnahmen ergreifen, um Belastungen zu vermeiden, abzumildern oder zu beheben.
So kann die Wertschätzung der eigenen Tätigkeit und die Neubewertung von Anforderungen und die Reflexion eine Krise reduzieren. Maßnahmen zur Entbürokratisierung setzen Zeit frei für die Kernaufgaben, nämlich die soziale Arbeit und die gelebte Beziehung mit den Menschen.
Führungsstil und -qualität haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsplatzbindung. Daher gilt es gemeinsam langfristige Visionen zu entwickeln, die Bindung im Team zu erhöhen und Strukturen zur erfolgreichen Bewältigung organisatorischer Abläufe und Veränderungen zu schaffen. Motivation, Inspiration und Stärkung fördern das Wohlbefinden der Mitarbeitenden bekanntermaßen.

Problematische Prozesse im Fokus

Eine Reduktion arbeitsorganisatorischer Defizite erhöht die Arbeitszufriedenheit, verbessert die Gesundheit, reduziert Fehlzeiten, steigert die Produktivität und Arbeitsqualität. Gute Gründe, sich Prozesse anzusehen, bei denen es im Getriebe knirscht.
Natürlich sind auch durch den Arbeitgeber durchgeführte Maßnahmen zum Arbeitsschutz bedeutsam. Arbeitnehmer können auf Defizite in der Einrichtung durch Gefährdungsanzeigen aufmerksam machen (vgl. §15 Abs. 1 ArbSchG). Herausfordernden körperlichen Anforderungen kann man begegnen, indem zum Beispiel Hilfsmittel genutzt und Maßnahmen zur Rückengesundheit ergriffen werden. Ein aktiv gestalteter Alltag mit ausreichend Bewegung und Sport erhält zudem die Mobilität und schützt vor Überbeanspruchung. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist neben dem Schlaf eine weitere bedeutsame Säule der gesunden Lebensführung.

Systeme der Unterstützung

Zu den diversen Unterstützungssystemen zählen etwa die Moderation bei unproduktiven Teamsitzungen, Coaching als professionelles Beratungsverfahren, Mediation zur Konfliktlösung durch eine unparteiische dritte Person, kollegiale Beratung als systemische Methode zur gegenseitigen Unterstützung im Berufsalltag oder die Supervision und arbeitsweltbezogene Reflexion in Bezug auf Aufgaben, Rollen und Funktionen.
Insgesamt scheint es sehr lohnenswert, Gefühle zu thematisieren. Wenn dies nicht mittels Sprache im direkten Austausch gelingt, kann die Methode des therapeutischen Schreibens dafür genutzt werden.

Den Stress managen

Zur Stressbewältigung kann es zum Beispiel hilfreich sein, Aufgaben zu delegieren. Mentales Stressmanagement hilft bei Stressverstärkern wie die eigenen Leistungsgrenzen zu akzeptieren, persönliche Leistungsansprüche zu reflektieren oder Anforderungen durch einen Perspektivenwechsel neu zu bewerten. Regenerative Maßnahmen wie beispielsweise Entspannung, Sport, Ablenkung, Hobbys oder Atemtechniken haben auf die Stressreaktion einen positiven Effekt.
Belastungen im Berufsalltag lassen sich durch passgenaue Maßnahmen durchaus entschärfen. Sie können somit einen positiven Effekt auf die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeitenden leisten.

Jörg Schmal, Gesundheitswissenschaftler M.A., Pflegepädagoge B.A., Gesundheits- und Krankenpfleger, Schulleitung Berufsfachschule für Pflege Bad Wurzach


 

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