Die Dozentin Karina Schröder vor einem Bücherregal

Karina Schröder – Umgang auf Augenhöhe ist Demokratie

Demokratie bedeutet weit mehr als freie und unabhängige Wahlen. Die demokratische Kultur wird geprägt durch die Menschen und wie sie miteinander umgehen. Karina Schröder lebt diese Kultur bei der Ausbildung in Erziehung am IfSB in Ulm mit den Schülerinnen und Schülern.

Sich als Mensch zeigen

Karina Schröder sprudelt, sowohl beim Thema Demokratie als auch beim Thema Lehre. Demokratie heißt für sie unter anderem, wie wir uns begegnen. „Das merke ich oft im Unterricht“, gibt sie ein Beispiel. „Wenn ich mich als Mensch zeige, sind 30 Schülerinnen und Schüler aufmerksam dabei.“ Dann gehört ihr und dem Klassenverbund die gesamte Aufmerksamkeit, für den Blick aufs Handy etwa bleibt keine Zeit.

Zu selbstständigem Denken und Handeln befähigen

Sie selbst hat einen Master in Early Childhood Education und unterrichtet seit September 2023 am Institut für Soziale Berufe (IfSB) in Ulm unter anderem Auszubildende zur Erzieherin oder zum Erzieher. Eine Klasse begleitet sie als Klassenlehrerin während der gesamten Ausbildung. Unterrichten ist ihr Ding. Innerhalb einer ganzen Bandbreite von Unterrichtsfächern sind ihre Lieblingsthemen etwa Medienpädagogik und Medienkompetenz. „Es ist nicht wirklich Arbeit für mich, sondern Freude“, fasst sie ihre Passion fürs Lehren zusammen. Unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Hintergründen zu begegnen, sei ein persönlicher Mehrwert. Die Auszubildenden will sie darin bestärken, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Das geschehe vornehmlich im Dialog und in Gesprächen. Wichtig sei ihr, Schülerinnen und Schüler als gleichwertige Partner zu sehen. Sie sollen erfahren, dass ihre Meinung wichtig ist. Ermutigen, selbstständig zu denken und zu handeln, ist eines ihrer Ziele.

„Stärken stärken“

Dann erzählt sie von einem Buch, das sie im Unterricht nutzt. Eine Gruppe Holzpuppen – gemacht von einem Holzschnitzer – ist ausschließlich damit beschäftigt, sich gegenseitig zu beurteilen. Dass das nicht gesundsein kann, merkt eine der Puppen. Das Buch „Du bist einmalig“ sei eine gute Auseinandersetzung in Sachen Demokratie. Es sei falsch, Menschen über ihre Fehler oder über Noten zu definieren. Dass sich manche Schülerinnen und Schüler bezüglich der Noten zu sehr verkopfen, führt sie unter anderem auf unsere Leistungsgesellschaft zurück. Sie sollten vielmehr erfahren: „Ich bin auch gut, ich kann andere Sachen.“ Karina Schröder nennt sich selbst einen ressourcenorientierten Menschen. Ihr sei wichtig „Stärken zu stärken“.

Bildungsplan mit Spielraum

Methodisch und didaktisch nutzt sie Lehrweisen, die weit entfernt von Frontalunterricht sind. Für sie braucht es ein Umfeld, in dem die Auszubildenden nicht nur passiv Infos aufnehmen. „Wir haben zwar einen Bildungsplan,“ sagt sie. Aber der gebe eben auch Spielraum. Den nutzt sie für Diskussionen oder Projektarbeiten in Gruppen. Die Auszubildenden sollen mit der Aufforderung „seien Sie kreativ“, dann ein Projekt entwickeln, um so ihre eigenen Erfahrungen machen zu können. Derzeit arbeiten zum Beispiel in einer Klasse sechs Gruppen am Projekt „Länder“. Jedes Team hat sich ein anderes interessantes Unterthema ausgedacht: Tiere, Musik, Weihnachten, Feste, Begrüßungen, Essen. In der Zusammenarbeit lernen die Teilnehmenden Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln, ebenso wie die Fähigkeit zur Teamarbeit. „Ich nutze auch das selbstorganisierte Lernen“, erklärt Karina Schröder. Das heiße weniger, dass sie Auszubildende sich selbst überlasse, als vielmehr, dass sie selbst aktiv werden sollen. Immer mit dem Vertrauen, dass sie greifbar und ansprechbar ist.

Es bleibt spannend

Die 36-Jährige ist ausgesprochen rührig und engagiert. Bevor sie ihre Stelle am IfSB in Ulm antrat, war sie bereits für drei Jahre am IfSB in Ravensburg in der vergleichbaren Funktion tätig. Zwischen diesen beiden Arbeitsstellen arbeitete sie in Zürich im akademischen Betrieb mit dem Ziel ihre Doktorarbeit zu schreiben. Nach zwei Jahren entschied sie sich, zum Unterrichten zurückzukehren. „Hier kann ich mehr bewirken,“ so ihr Resümee. Ihr Lebenslauf hört sich spannend an. Aufgewachsen ist sie bei den Großeltern in Rumänien. Als junge Frau verbrachte sie zwei Jahre als Au-Pair in den USA. Yogakurs auf Bali, Fortbildungen wie etwa zum Potenzial- und Entfaltungscoach. Im vergangenen Sommer heiratete sie und zog in einen Ort nahe Ulm. Glück heißt für sie, bei der Familie zu sein. Woran der persönliche Erfolg geknüpft ist, hat sie noch nicht abschließend geklärt. Worauf sie aber definitiv eine Antwort hat, ist die Frage, was Demokratie für sie bedeutet: nämlich, einander auf Augenhöhe zu begegnen.

Anne Oschwald

© 

Beitragsbild: IfSB

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