Wörterbücher mit den Sprachen der europäischen Länder liegen auf einer Landkarte von Europa

Sich der Vorstellung des anderen annähern

Newsletter Juni 2023

Die Welt ist nicht „quadratisch, praktisch, gut“. Sie ist vielfältig und bunt. Bei unserem Gegenüber ist vieles anders und oft nicht richtig greifbar. Menschen müssen deshalb lernen, Widersprüche und Uneindeutigkeiten auszuhalten. Sich mit Empathie und Respekt auf die Mitmenschen einzulassen, ist Grundlage des Zusammenlebens in einer Demokratie. Eine zentrale Schlüsselkompetenz für das Leben in einer pluralen und demokratischen Gesellschaft ist die sogenannte Ambiguitätstoleranz.

Unsicherheiten aushalten können

Ambiguitätstoleranz bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, mit Unsicherheit, Zweideutigkeit und Komplexität umzugehen. Eine Person mit hoher Ambiguitätstoleranz kann eine unklare Situation akzeptieren und auch in einem ungewissen Umfeld effektiv arbeiten. Menschen mit dieser Eigenschaft wissen, dass etwas auch ganz anders sein könnte, als sie es sich gemeinhin vorstellen. Sie sind fähig, diese Spannung auszuhalten. Diese Fähigkeit ist aber nicht selbstverständlich. Theodor W. Adorno formulierte dies mit den Worten: „Mir will es so vorkommen, als ob das, was subjektiv, dem Bewußtsein nach, dem Menschen abhanden gekommen ist, die Fähigkeit ist, ganz einfach das Ganze sich vorzustellen als etwas, das völlig anders sein könnte.“

Zertifizierte mobile Projekte

Sich auf den Weg zu machen, andere Länder, Kulturen und Bildungssysteme kennenzulernen, fördert nicht nur die Sprachkompetenz und die interkulturelle Kompetenz, sondern schult gerade diese Ambiguitätstoleranz. Seit 2001 ermöglicht das Institut für Soziale Berufe Erzieherinnen und Erziehern der Europaklasse eine Profilbildung mit dem Schwerpunkt interkulturelle Kompetenzen.

Für dieses Engagement erhielt es im Bereich Mobilitätsprojekte 2007 die Mobilitätszertifizierung und erreichte 2018 die Charta Erasmus+ und 2020 die Akkreditierung Erasmus+. Seitdem verfolgt es über alle Fachbereiche hinweg das Ziel, die Internationalisierung in allen Aus- und Weiterbildungsangeboten des Instituts zu verankern.

Europa als Lernfeld

„Europa ist darauf angewiesen, dass seine Bürgerinnen und Bürger nicht allein beruflich erfolgreich sind, sondern sich auch politisch, gesellschaftlich und kulturell an der Gestaltung beteiligen“, sagt Hans Ulrich Nordhaus, DGB-Bundesvorstand, Referat Europäische Bildungspolitik. Die Förderung der europaweiten Zusammenarbeit in allen Bildungsbereichen ist deshalb ein wichtiges Anliegen der Europäischen Union.

Aktiv für Demokratie

Wir erleben leider tagtäglich, dass Menschen sich in unserer pluralen und demokratischen Gesellschaft schwertun. Fundamentalistische Glaubenssätze und Ambiguitätsvermeidungsstrategien weisen darauf hin. Das IfSB sieht seine Aufgabe in der Ausbildung deshalb auch darin, Schülerinnen und Schüler so zu stärken, dass sie Uneindeutigkeiten und Gegensätze wahrnehmen, aushalten und wertschätzen. Auslandspraktika, ermöglicht durch Erasmus+ und gut begleitet durch Lehrerinnen und Lehrer am IfSB, sind hierfür eine hervorragende Gelegenheit. Aber auch die Auseinandersetzung mit Kunst, kreatives Tun, Musik, Projektarbeit und vor allem die wirkliche, vorurteilsbewusste Begegnung mit Menschen sowie die Reflexion öffnen den Blick und schulen die Fähigkeit, sich das Ganze vorzustellen als etwas, das völlig anders sein könnte.

Basis der christlichen Prägung

Die Menschen, die sich dem IfSB anvertrauen, lernen die Vorstellungskraft zu entwickeln, dass das Ganze auch völlig anders sein könnte: Nicht, obwohl es eine Ausbildungsstätte mit christlicher Prägung ist, sondern gerade deswegen.

(Text: Heidi Fischer; IfSB Ravensburg)

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