14.07.2024 – RAVENSBURG: Erregte Anspannung trifft auf fokussierte Konzentration: Kurz nach der letzten Probe geht der Vorhang auf für die Teilnehmenden am Kunst- und Musikprojekt der Heilpädagogischen Fachschule am Institut für Soziale Berufe (IfSB) in Ravensburg. Auszubildende gestalteten unter dem Motto „Drahtzieher“ gemeinsam mit Besuchern des Inklusiven Ateliers des ZfP Weissenau die Vernissage. In nur zwei Workshoptagen stellten die rund 30 Teilnehmenden ein beeindruckendes Programm auf die Beine, aufgeführt im Kapuziner Kreativzentrum Ravensburg.
Der imaginäre Vorhang geht auf
Mit dem „Silly Walk“ von Monty Phyton zog eine Gruppe imaginär, schwungvoll und mit „drahtigen Beinen“ den Vorhang auf – und die Gäste gleich mit ins Programm. Später wirbeln, hangeln, schnurren Worte durch die Luft, ebenso wie die Klänge von Gitarre, Kontrabass und allerlei Zupfinstrumenten, die ebenfalls zu den „Drahtziehern“ gehörten. Maria Müller-Hund, Leiterin des Inklusiven Ateliers des ZfP Weissenau, schilderte anfangs, dass die Aufgabe für die Teilnehmenden war, die sehr unterschiedlichen Werkstoffe Draht und Papier zusammenzubringen. Sie sollten Skulpturen und Objekte entwickeln, dabei herausfinden, wie man ihnen Halt gibt. Katharina Richter, Projektleiterin von der Heilpädagogischen Fachschule am IfSB, ergänzte: „Wir haben im Workshop nach Assoziationen und Wörtern gesucht, die zu den Materialien gehören.“ Von Anfang an sollte auch die selbstentwickelte Musik verbindendes Element zur darstellenden Kunst sein.
Zahlreiche und sehr unterschiedliche Ideen
Das Schwarz der Drahtfigur einer Gruppe stehe für die Traurigkeit, die auch dabei sein will, Liebe möchte und ans Licht drängt. Mit Wörtern und Gedankenfolgen „interpretierte” eine Gruppe den Draht: Er verbindet, ist formbar, biegsam, verwickelt. Der Drahtesel fand einen Platz, ebenso wie der heiße Draht. Papier wiederum knistert, wird zerknüllt, ist geduldig. Nicht nur Worte wie Papierkram und Zeitungspapier schwebten durch die Luft, sondern auch der ein oder andere Papierflieger. Untermalt mit einem eingängigen Rhythmus erzählte ein Sprechstück die Geschichte von jungen Menschen, die in die Welt hinausziehen: zur See, in die Berge, in die Stadt. Die Weltkugel aus Draht zeigt die große weite Welt, die manchmal „unübersichtlich wie ein Bienenstock“ sein kann. Das drapierte Papier steht für Nebel und Wolken, die mitunter die Sicht versperren können.
Ein zauberhafter Drahtseilakt
Zur Zirkusmusik wurde jongliert und gezaubert. „Denn das Leben ist ein Zirkus,“ las eine Stimme. „Du machst Fehler, fängst von vorne an. Es ist ein Drahtseilakt und doch ist es zauberhaft.“ Fast zeitgleich glitt der Seiltänzer aus geformtem Draht und geleitet von Menschenhand wie leibhaftig über die Leere unter sich. Künstliche Intelligenz lieferte einer Gruppe ein romantisches Gedicht zur „Melodie der Zeit“ – die immerwährend reist, auch wenn Epochen sich ändern.
Anfänglich Fremde schaffen gemeinsam Kunst
Eine Akteurin schilderte den Entstehungsprozess am Beispiel eines Stückes. Die Workshops hätten auch bedeutet, in einem Team zu sein, in dem man sich noch nicht kannte. Bis zur Vernissage verbanden sich die unterschiedlichsten Akteure zu einer Einheit. Das Entstandene nennt man Kunst, das unterschiedslose Zusammenwirken nennt man gelungene Inklusion. Oder wie im Kunstwerk der Gruppe „viva la vida“ ausgedrückt: Wir sind so unterschiedlich wie Draht und Papier. Trotzdem sind alle Menschen. Es gab auch hierfür einen dicken Applaus.