Er führt ein „bewegtes“ Leben. Dabei meint Raphael Frirdich, Lehrkraft am Institut für Soziale Berufe: „Ich mach einfach.“ Er mache sich wenig Gedanken um Bewegung. Wirklich?
Selbstverständlich macht sich Raphael Frirdich als Lehrer Gedanken um das Thema Bewegung. Er sieht Bewegung allerdings nicht primär als Sport. Für ihn ist wichtig, „Bewegung einfach zu gestalten, so dass es für jeden machbar ist“. Wenn die Resonanz auf Bewegungsangebote laute: „Hey, das möchte ich wieder machen“, sieht er eine gute Grundlage geschaffen. Auch 30-mal hintereinander im Freibad die Rutsche zu rutschen, ist für ihn durchaus legitim. Spaß muss es machen, denn der ist ein wichtiger Zugang zu vielem, eben auch zu Bewegung.
Mehr als Muskeln
Raphael Frirdich verwendet daher vorzugsweise auch den Begriff Psychomotorik. Soll heißen, Bewegung ganzheitlich, nicht nur als Muskeln und Bewegungsapparat zu sehen. Es gehe darum, wie man Bewegung attraktiv machen kann. Wenn wir uns bewegen, laufen zahlreiche Dinge in unserem Körper ab: Nicht nur der Kreislauf wird angeregt, auch Glückshormone werden ausgeschüttet, die Wahrnehmung und die Interaktion werden aktiver.
Kommunikative Komponenten
Bewegung hat auch kommunikative Elemente. „An der Bewegung von Menschen können wir auch etwas ablesen,“ sagt der 42-Jährige. Er wartet mit einem Beispiel aus seinem Studium der Sportwissenschaft auf. Auch wenn es erstaunen mag, aber Laufen ist etwas sehr Komplexes und motorisch sehr anspruchsvoll. Für den Erhalt der Beweglichkeit von älteren Menschen sind etwa 2000 Schritte am Tag ratsam. Es entspricht ungefähr einem guten Kilometer. Die Schritte sollen auch nicht nur durch den ruhigen Park führen, sondern vorbei an einem Kindergarten, öffentlichen Plätzen oder an so mancher Bank. Bewegung schafft Begegnungen. Bewegung ist – soziales – Leben.
Spaß im Alltag
Sie ist also auch ein Zugang zur Welt. „Für mich selbst ist sie Grundlage für Spaß und Freude im Alltag, in der Familie und im Beruf“, sagt der athletische dunkelhaarige Mann. Bewegung ist für ihn persönlich auch verbunden mit Herausforderungen, mit Grenzerfahrungen. Ansonsten hätte er nicht bereits die „DATEV Challenge Roth“, der Langdistanz Triathlon in Franken, zweimal und den Ironman in Zürich einmal „gefinshed“. Dabei sind 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen zu absolvieren. Außerdem hat Frirdich 14 Marathons gemeistert. Eigentlich gibt es für ihn keinen Sport, der ihm nicht Spaß macht. „Wenn ich was mache, dann sehr konsequent, sehr fokussiert“, sagt er. Bei der ersten Roth Challenge war er beim Marathon nach den sechs ersten Kilometern allerdings schon „durch“. Die 36 folgenden zähen Kilometer hat er zwar geschafft, aber der Spaß ist unterwegs verloren gegangen: „Diese offene Tür mache ich noch zu,“ begründet er seine zweite Teilnahme in Roth. Jetzt ist er damit im Reinen.
Bewegung in lebendigen Berufen
Den Auszubildenden, Schülern und Schülerinnen verlangt er solche Höchstleistungen selbstverständlich nicht ab. Vielmehr versucht er zusammen mit ihnen Wege zu finden, damit sie sich mit Bewegung wohlfühlen. „Die Berufe, die wir ausbilden, sind bewegte, lebendige Berufe. Wenn wir als Berufstätige selbst nicht beweglich sind, macht der Beruf keinen Spaß mehr“, sagt er. Auszubildende sollen durch ihre eigenen Erfahrungen auch befähigt werden, die zu betreuenden Personen mit Spaß zu Bewegung zu animieren.
Zusammen bewegen und sich messen
Nicht nur seine Frau, sondern auch die beiden Kinder des Pädagogen bewegen sich ebenfalls ausgiebig und würden vieles mit großer Leichtigkeit angehen. Für ihn als Vater sei schön zu sehen, dass die sechsjährige Tochter und der neunjährige Sohn darüber glücklich sind, mit ihm alles machen zu können, sich auch mal mit ihm zu messen.
Alles nur nicht Kitesurfen
Der gelernte Heilerziehungspfleger ließ mehreren Berufsjahren das Studium der Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Sportpädagogik folgen. Außerdem zählt er etliche Fortbildungen in Sachen Psychomotorik und Sport auf. Seit zehn Jahren arbeitet er nunmehr am Institut für Soziale Berufe (IfSB). Aktiv ist er auch als Fußballtrainer einer E-Jugend-Mannschaft und als Leiter der Inklusionssportgruppe Rakete beim TSB Ravensburg, die in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen feiert. „Ich bin neugierig, probiere gerne aus“, sagt Raphael Frirdich. „Neue Sachen faszinieren mich.“ Am liebsten macht er Outdoor-Sport. Unlängst hat er Inline-Skaten wiederentdeckt, das seinem Rücken guttut, der nach dem dritten Ironman gelitten hat. Das gleiche sagt er von Pilates, das er seit einiger Zeit praktiziert. Mit diesem Training würden Muskeln erreicht, die ihm bisher unbekannt waren, lacht er.
Eine Sportart hat sich Raphael Frirdich allerdings untersagt: Kitesurfing. „Ich weiß, dass es mir Spaß machen würde. Aber das würde ich in meinem System nicht mehr unterbringen,“ begründet er diesen sportlichen Verzicht.
Anne Oschwald